Kreis Borken

Gewerbeschau Südlohn-Oeding: „Besser als eine reine Online-Kampagne“

Südlohn-Oeding – Acht Jahre nach der letzten Gewerbeschau in Südlohn findet am 28. April die nächste Präsentation von Unternehmen statt, turnusmäßig wieder im Ortsteil Oeding. Die Spannung bei den Veranstaltern ist nach der langen Pause groß, die Zahl der bisherigen Anmeldungen werde genügen, um ein breit gefächertes Bild der lokalen Wirtschaft zu zeigen. Im Interview sprechen Bürgermeister Werner Stödtke und Philipp Ellers von dem Südlohner Marketing-, Informations- und Touristikverein „SOMIT“ über den Neustart der Gewerbeschau, die Erwartungen und das Format der Veranstaltung.

Einen Blick hinter die Kulissen der Unternehmen gibt es bei der Gewerbeschau am 28. April in Südlohn-Oeding. Foto: SOMIT e.V.

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Herr Stödtke, Herr Ellers, die Gewerbeschau hatte es zuletzt nicht leicht. Die geplante Veranstaltung 2020 wurde infolge der Corona-Pandemie mehrfach verschoben und 2023 endgültig abgesagt. Wie groß sind jetzt die Erwartungen an den Neustart

Werner Stödtke: Zunächst einmal wollten wir die Absage 2023 nicht, aber die Gesamtlage hatte damals dazu geführt. Das anschließende Feedback der Unternehmen war aber deutlich: Die Gewerbeschau sollte wieder stattfinden. Das wurde auch beim Unternehmerfrühstück, das wir 2023 ersatzweise organisiert haben, klar. Wir haben diese Veranstaltung auch genutzt, um das grundsätzliche Interesse abzuklopfen. Ist die Gewerbeschau noch das richtige Format? Sollen wir den Wechsel zwischen Südlohn und Oeding beibehalten? 

Und das Ergebnis war?

Philipp Ellers: Die Unternehmen wünschten sich eine Fortsetzung, gerade auch mit Blick auf das Standortmarketing. Und zwar lieber früher als später. Deshalb haben wir uns gemeinsam für einen zeitnahen Termin und damit für einen ambiti­onierten Vorlauf entschieden. 

Das diesjährige Motto lautet „gemeinsam stark“. Wie wollen Sie das in die Praxis umsetzen?

Ellers: Zunächst spiegelt das Motto die Gemeinsamkeit wider. Vor dem Hintergrund vieler Herausforderungen unserer Zeit ist diese Gemeinsamkeit genau richtig. Wir möchten uns hier als ein Standort präsentieren, von den Hidden Champions bis hin zum kleinen Handwerksbetrieb. 

Stödtke: Auch die Unternehmen erkennen, dass es ganz allein nicht geht. Sie sehen, dass wir uns als Region aufstellen müssen. Die Strahlkraft von Südlohn oder Oeding allein ist vielleicht nicht so groß, das müssen wir uns eingestehen. Aber als Teil des Westmünsterlandes können wir unsere Stärken herausstellen und genau das wollen wir betonen. Dass die Wirtschaftsförderung mit auftritt, dass wir ein breites Publikum finden, das strahlt schon über Südlohn hinaus. 

Der Vier-Jahres-Turnus hat sich dabei bewährt?

Stödtke: In jedem Fall. So bleibt die Veranstaltung für alle Beteiligten planbar. Die Vorlaufzeiten werden nämlich gerne unterschätzt. Ganz wichtig ist, dass wir einen Termin finden, an dem die Gewerbeschau nicht in Konkurrenz zu anderen Veranstaltungen steht. 

Ellers: Auch die Unternehmen selbst wünschen sich diesen Rhythmus. 

Wie ist der Anmeldestand aktuell?

Ellers: Wir zählen aktuell (Anm. d. Red.: Stand Mitte März 2024) über 60 Anmeldungen, vielleicht werden es noch ein paar mehr. Das ist eine durchaus positive Zahl, gerade wenn man bedenkt, dass wir über zwei Ortsteile sprechen und die Hälfte der Unternehmen nicht am eigenen Standort teilnehmen kann. 

Stödtke: Wir haben durchaus geprüft, ob eine solche Gewerbeschau nicht auch als gemeinsame Veranstaltung zwischen beiden Ortsteilen durchgeführt werden könnte. Aber das war nicht Wunsch der Unternehmen, die sich jeweils ganz bewusst an ihren eigenen Standorten präsentieren möchten, also einmal in Südlohn, einmal in Oeding. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es auch tatsächlich spannender ist, vor Ort in die Betriebe zu gehen und hinter die Kulissen zu schauen. 

Wie viel Überzeugungsarbeit mussten Sie für die Neuauflage der Veranstaltung leisten?

Ellers: Im Grunde keine. Die Unternehmen selbst hatten sich die Gewerbeschau gewünscht. Natürlich bedurfte es hier und dort einer direkten Ansprache, aber eigentlich ziehen alle stark an einem Strang. Die Absagen, die wir bekommen haben, hatten eher mit einem Mangel an personellen Ressourcen zu tun.

Stödtke: Da spielt eben diese Zweipoligkeit wieder herein: Wenn man teilnehmen will, muss man auch vor Ort sein. Das ist am Ende eine unternehmerische Entscheidung, ob man das so leisten kann. 

Was wünschen Sie sich mit Blick auf die Gewerbeschau eigentlich von den Unternehmen selbst? 

Ellers: Dass wir uns als starker Standort präsentieren. Das ist wichtig. Und dass die Unternehmen die Chance nutzen, sich als attraktiver Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb zu zeigen. 

Stödtke: Wir als Kommune und Wirtschaftsförderung gestalten das Rahmenprogramm, aber letztlich lebt so eine Gewerbeschau von den direkten Kontakten zwischen Unternehmen und möglichen Arbeitnehmern.

Präsentiert wird dieses Mal in Oeding. Wie bekommen Sie die Südlohner Unternehmen mit an Bord? 

Stödtke: Über die persönliche Ansprache. Wenn ein Unternehmen uns dann mitteilt, dass der Mehrwert einer Gewerbeschau fehlt, muss man das akzeptieren. Allerdings wirken die Unternehmerinnen und Unternehmer auch untereinander auf sich ein, sie sprechen über die Veranstaltung. Wenn es nicht passt, weil die Termine nicht zu vereinbaren sind oder das Personal fehlt, geht es eben nicht. Aber wir sind bisher nie auf Mauern gestoßen. 

Ellers: Da sich die Unternehmen hier alle ganz gut kennen und untereinander vernetzt sind, bieten sich auch Möglichkeiten für Kooperationen wie Gemeinschaftsstände, zum Beispiel im zentralen Messezelt.

 

Welches Konzept haben Sie sich für die Rückkehr der Gewerbeschau ausgedacht? Auf welchen Mix können sich Besucher freuen? 

Ellers: Im Vordergrund stehen die Unternehmen selbst, das macht den Charakter der Gewerbeschau aus. Drumherum bieten wir ein Programm und Gastronomie. Das Bühnenprogramm findet bei German Windows statt, dort sind ganz unterschiedliche Aktionen geplant. Das Konzept der vorherigen Veranstaltungen hat sich allerdings bewährt, insofern mussten wir hier keine Änderungen vornehmen. Wir haben allerdings im Hintergrund an Stellschrauben gedreht. 

Stödtke: Die letzte Gewerbeschau in Südlohn 2016 war ein großer Erfolg, das spricht für die Veranstaltung. Das Format mit vielen Gewerbebetrieben und einem Rahmenprogramm ist nach unserer Überzeugung immer noch attraktiv genug.

Ellers: Zudem haben wir Einstiegshürden für Unternehmen niedriger gehalten und beispielsweise die Teilnahmegebühren mit einer Staffelung nach Unternehmensgröße versehen. Kleinere Unternehmen zahlen nun weniger … 

Stödtke: … was übrigens alle Unternehmen so mitgetragen haben!

Ellers: Zusätzlich schnüren wir Werbepakete für die Unternehmen, die das selbst nicht leisten könnten. Das ist alles auch deshalb möglich, weil die Lokalpolitik hinter der Veranstaltung steht und den gemeindlichen Zuschuss erhöht hat. 

Was gibt die Gemeinde denn dazu?

Stödtke: Wir sind mit 25.000 Euro beteiligt. Zuletzt waren es rund 13.000 Euro. Diese Erhöhung der Zuschüsse haben wir einstimmig beschlossen, die Politik trägt die Gewerbeschau mit. 

Und es gab keine Zweifel, dass die Gewerbeschau noch immer der richtige Ansatz ist?

Stödtke: Die Antwort auf genau diese Frage wollten wir beim Unternehmer-Frühschoppen 2023 herauskitzeln. Treibende Kraft der Gewerbeschau sind letztendlich die Unternehmen, nicht wir als Kommune. Was wir etwas anders machen werden, ist die Werbung für die Veranstaltung. Sie soll etwas frischer, moderner werden. Da hat sich in den vergangenen Jahren seit der letzten Gewerbeschau gerade auf Social Media einiges getan. 

Ellers: Aber letztlich zieht das Format auch deswegen noch, weil es den Gemeinschaftsgedanken vorantreibt, viel besser als es eine reine Online-Kampagne könnte. 
Stödtke: Genau dieses Live-Erlebnis ist auch für potenzielle Auszubildende relevant. Wer steht mir da gegenüber? Wie präsentiert sich ein Unternehmen? Wie offen ist es? 

Die Veranstaltung selbst ist ja in gewisser Weise eine Feier der eigenen Stärken. Dabei sind die Herausforderungen hier vermutlich ähnlich gelagert wie in anderen Regionen. Wie schätzen Sie die Situation der Unternehmen vor Ort ein? 

Stödtke: Unsere Wirtschaft hat sich im Kern als krisenstabil erwiesen. Wir sind ordentlich durch die Corona-Zeit gekommen und haben auch die Herausforderungen seit Beginn des Kriegs in der Ukraine gemeistert. Allerdings merken wir in manchen Branchen die großen Einflüsse der allgemeinen eher unruhigen Wirtschaftslage mit hoher Inflation, geringem Wirtschaftswachstum und zum Beispiel dem Auftragseinbruch in der Baubranche. Hier würden wir gerne unterstützen, hadern aber selbst mit bürokratischen Hemmnissen, die auch Kommunen ausbremsen. Das alles verfolgen wir mit Sorge. Was uns dagegen freut, ist die Standorttreue unserer Unternehmen. Viele familiengeführte Unternehmen sind hier verwurzelt und es gibt einen breiten Branchenmix. 

Womit kann Südlohn noch punkten? 

Stödtke: Ein wichtiger Punkt ist sicher die Familienfreundlichkeit. Wir investieren viel in Grundschulen und Kindergärten. Gerade wenn das Thema Familiengründung ansteht, spielt das bei der Standortsuche eine große Rolle. Ohne Herausforderungen geht das allerdings nicht, beispielsweise beim Wohnraum. Und der ÖPNV wäre sicher ausbaufähig, das ist ein ständiges Sorgenkind. Die Mobilität hier im ländlichen Raum wird noch vom Auto dominiert. Das ist ein Thema, das wir mit Blick auf den demografischen Wandel im Auge behalten müssen.

Ellers: Punkten kann Südlohn dagegen mit dem sozialen Zusammenhalt, mit einem großen ehrenamtlichen Engagement. Dazu kommt die attraktive Umgebung mit der Grenze zu den Niederlanden, die für uns sicher ein Pluspunkt ist.

Wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?

Stödtke: Eines der großen Themen ist das Flächenangebot für Unternehmen, gerade für Erweiterungswünsche vor Ort. Bei dem Versuch, zusätzliche Gewerbeflächen bereitzustellen, stehen wir allerdings einer gewissen Preisproblematik beim Landerwerb gegenüber. Gerade die Wünsche von Unternehmen, die sich hier neu ansiedeln wollen, passen oft nicht mit der Fläche, die wir ihnen anbieten können, zusammen. Stattdessen bieten sich Chancen eher bei Standortwechseln vor Ort. Also: Wenn ein Unternehmen eine größere Fläche verlässt, bieten sich dort vielleicht Chancen, mehreren kleinen Handwerksbetrieben den Wunsch nach einer Erweiterung zu ermöglichen. Das ist ein bisschen wie ein Domino-Spiel. Aber so gehen wir auch mit Flächenressourcen verantwortungsvoll um. 

Ist denn noch Platz in der Gemeinde für weitere Unternehmen? 

Stödtke: Es gibt Potenzialflächen im Regionalplan. Wir dürfen bis zum Dreifachen der uns zugestandenen Gewerbeflächen vorplanen. Allerdings steht das manchmal im Widerspruch zu dem Bedarf an landwirtschaftlicher Fläche. Die Frage lautet also: Wie viel Wachstum dürfen wir uns leisten? Da ist Augenmaß gefragt. 
Ellers: Zudem muss man aufpassen, dass Aufwand und Ertrag im Einklang sind.

Zum Schluss ein Ausblick auf den 28. April: Worauf freuen Sie sich persönlich am meisten bei der Gewerbeschau?

Ellers: Ich freue mich einfach darauf, dass es endlich wieder los geht. Auf viele Gespräche und die Menschen. Und darauf, nach einer erfolgreichen Veranstaltung durchatmen zu können. 

Stödtke: Der persönliche Austausch ist auch mir wichtig. Die Begegnungen, die so einen Tag ausmachen. Neue Menschen, neue Ideen. Bisher habe ich noch aus jeder Gewerbeschau einen neuen Blick auf die Leute und die Unternehmen mitgenommen. 

Das Interview führte Carsten Schulte

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